Florian Pronold

Mitglied des Deutschen Bundestags, Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

im Interview mit wohnen im eignetum e.V.

15.09.2014

 

Immobilienbesitzer als Verbraucher, das ist in der Politik eine neue Sichtweise. Warum wurde sie notwendig?

Nicht jeder Immobilieneigentümer ist Profi, nicht jeder verfügt über einen großen Immobilienbestand. Ein Großteil des Immobilienvermögens ist auf viele private Kleineigentümer verteilt. Bei den Eigentumswohnungen wird dies besonders deutlich. Sie sind oft die einzige Immobilie eines Selbstnutzers oder Kapitalanlegers.

Der Koalitionsvertrag will den Verbraucherschutz für Bauherren beim Bauvertragsrecht ausbauen. Wo sehen Sie konkreten Änderungsbedarf?

Bei Bauvorhaben gibt es häufig Ärger beim Bauablauf, bei Vertragsanpassungen oder bei der Insolvenz des Bauunternehmers. In der letzten Legislaturperiode hat sich eine Arbeitsgruppe mit dem Bauvertragsrecht intensiv befasst und in ihrem Abschlussbericht Empfehlungen ausgesprochen. Den besseren Schutz von Bauherren werden wir daher jetzt bald ins Gesetzblatt bringen.

Laut Koalitionsvertrag kommen für Wohnungsverwalter berufliche Mindestanforderungen und Pflichtversicherung. Welche fachlichen Bausteine schlagen Sie für die Mindestqualifikation vor? Welche Mindestdeckung für die Pflichtversicherung?

Auch das dient dem Schutz der Wohnungseigentümer.  Die Anforderungen an Verwalter von Wohnungseigentümergemeinschaften sind deutlich gestiegen. Verwalter müssen hohe Qualifikationen haben. Wohnungsbestände, die aus den sechziger und siebziger Jahren stammen, bedürfen der grundlegenden Sanierung. Die Entscheidungsprozesse in den Eigentümergemeinschaften sind auf Grund der unterschiedlichen Interessenlagen schwierig zu organisieren. Dies zeigt sich besonders bei der energetischen Sanierung von Gebäuden, die meistens auch komplexe technische Fragen aufwerfen.
Gleichwohl wird man von Verwaltern nicht verlangen können, dass sie Juristen, Betriebswirte, Psychologen und Bauingenieure zugleich sind. Bei der Qualifikation von Verwaltern muss es daher auch darum gehen, deutlich zu vermitteln, wann das Hinzuziehen von externem Sachverstand notwendig wird. Dies gilt für schwierige Rechtsfragen, die Moderation von Entscheidungsprozessen wie auch natürlich für eine qualifizierte Energieberatung.
Bei der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zum Sachkundenachweis für Verwalter und der Pflicht zum Abschluss von Versicherungen, für die das Wirtschaftsministerium federführend ist, sind wir auf einem guten Weg.

Nach Auffassung von wohnen im eigentum verlangt die Sicherung des Vermögens der Wohnungseigentümer neben Qualifikation und Versicherung eine effektive Kontrolle der Verwaltung durch die Eigentümer. Praktisch ist das besonders in größeren Anlagen nur über die Verwaltungsbeiräte zu realisieren. Doch deren gesetzliche Position ist schwach, dafür sind ihre Haftungsrisiken erheblich. Was sollte hier geschehen?

Verwaltungsbeiräte bilden ein wichtiges Scharnier zwischen der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage und den einzelnen Wohnungseigentümern. Sie sichern gerade in größeren Gemeinschaften die Handlungsfähigkeit auch in den Phasen zwischen den häufig nur einmal jährlich stattfindenden Eigentümerversammlungen. Wie in vielen anderen Bereichen beruht auch hier erfolgreiches Handeln und eine wirksame Kontrolle vor allem auf dem Engagement und den Fähigkeiten der handelnden Personen, und weniger auf ihrer rechtlichen Position. Gleichwohl sollten wir prüfen, ob es rechtliche Hindernisse gibt, die ehrenamtliche Aufgabe eines Verwaltungsbeirats zu übernehmen. 

Bei vielen Gesetzen und Fördermaßnahmen kommen die speziellen Umsetzungsprobleme im Wohnungseigentum nicht in den Blick. Typisch ist der Fall der Erleichterung energetischer Sanierung durch die letzte Mietrechtsreform. Jetzt soll hier nachgebessert werden. Wie kann es erreicht werden, dass Wohnungseigentum in Zukunft von vornherein einbezogen wird?

Seit dem Zensus wissen wir, dass es erheblich mehr Wohneinheiten in der Rechtsform des Wohnungseigentums gibt als wir bis dahin angenommen hatten. Etwa die Hälfte dieser Wohnungen ist vermietet. Hier ist es häufig nicht einfach, die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer untereinander auf die Regelungen zum Mietrecht abzustimmen. Auch bei der Förderung macht es natürlich einen Unterschied, ob wir es mit einem Einzeleigentümer eines Gebäudes zu tun haben, der seine Entscheidungen autonom fällt, oder mit einer Gemeinschaft, in der die Willensbildung etwas komplexer abläuft. Umso mehr freut es uns natürlich, wenn wir feststellen können, dass mittlerweile die Inanspruchnahme von KfW-Mitteln für die energetische Gebäudesanierung durch Wohnungseigentümergemeinschaften deutlich zugenommen hat.

Bei der Geldanlage treffen den Anbieter oft weitreichende Informationspflichten. Obwohl das Produkt „Eigentumswohnung“ nicht leichter zu verstehen ist und obwohl sein Kauf weitreichende Konsequenzen hat, gibt es hier nichts Vergleichbares. wohnen im eigentum fordert umfassende Informationspflichten. Wie stehen Sie dazu?

Es stimmt, dass Käufer von Eigentumswohnungen oft erstaunt sind, wie hoch der Abstimmungsbedarf innerhalb einer Gemeinschaft ist und welche, auch finanziellen Verpflichtungen auf sie zukommen. Neben den Informationen, die sich jeder Interessent im wohlverstandenen Eigeninteresse selbst beschaffen muss, setze ich hier auch auf die Aufklärungsarbeit der Verbände. Mit den informativen und verständlich geschriebenen Broschüren leistet gerade wohnen im eigentum hierzu einen beispielhaften Beitrag.

Es ist viel zu tun. Wo sehen Sie Ihre persönlichen Arbeitsschwerpunkte in Sachen Verbraucherschutz für die Besitzer von Eigenheim und Eigentumswohnung in dieser Legislaturperiode?

Die Koalitionsvereinbarung enthält bereits Einiges, wie die bereits erwähnte Mindestqualifikation und die Pflichtversicherung für Verwalter. Zusammen mit den Vorhaben im Bereich des Bauvertragsrechts ist dies schon eine ganze Menge. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass wir mit den Beteiligten im Gespräch bleiben und uns über Probleme und Entwicklungen stets zeitnah austauschen können. 

Sind Sie selbst Eigentümer eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung? Sind konkrete Erfahrungen von daher in Ihre politischen Einstellungen zum Thema eingeflossen? Welche?

Ja, das bin ich. In meine politischen Entscheidungen fließen zwar Erfahrungen aber nicht persönliche Interessen ein.