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30.06.2014 | „Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes von 2007 hat wichtige Fortschritte gebracht, aber grundlegende Strukturprobleme hat sie nicht angepackt“, fasst Geschäftsführerin Gabriele Heinrich die Stellungnahme des Verbraucherschutzvereins wohnen im eigentum e. V. zusammen.

Reform für Experten, nicht für Eigentümer
Die Vorlage ihres Reformentwurfs begründete die Bundesregierung 2006 damit, dass das über 50-jährigen Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wegen seiner großen Flexibilität bislang kaum Reformen brauchte, dass nunmehr aber Änderungen angezeigt seien. Am 1. Juli 2007 traten sie in Kraft (siehe Überblick unten).

Tatsächlich war die Reform eine Antwort auf die WEG-Probleme, wie sie sich den Fachjuristen und Verwaltern stellten. Sie brachte wichtige Neuerungen vor allem für den juristischen Status der Wohnungseigentümergemeinschaften und die Mehrheitsfindung in ihnen. Die meisten Neuerungen haben sich bewährt. Aber sie geben keine Antwort auf die Fragen, die sich den Eigentümern bei Verfolgung ihrer Ziele - gesicherter und bezahlbarer Wohraum, Altersvorsorge und Geldanlage – stellen. Dabei stehen sie oft vor einer Situation, die Gesetzgeber und Gesetz bislang nicht mal zur Kenntnis genommen haben. Beide gehen immer noch von Anlagen mit zehn oder vielleicht zwanzig Einheiten aus, bei denen das Gespräch im Hausflur (und auch mal die Eigentümerversammlung zwischendurch) wichtig für die Willensbildung sind. Und die typischen Eigentümer haben als Freiberufler, Selbstständige und Akademiker die Qualifikationen, ihre Interessen kompetent zu vertreten. Da spielen Feinheiten der Mehrheitsbildung eine große Rolle.

Doch spätestens seit den 70er Jahren haben viele Anlagen 50, 100 und auch mehr Einheiten mit Eigentümern aus allen Einkommensschichten. Das bringt den einzelnen Eigentümer in eine verbrauchertypische schwache Position. Entsprechend müssen die Perspektive des Verbraucherschutzes und neue Denkansätze in die Diskussion von Problemen und Lösungen im Wohnungseigentum aufgenommen werden. Das zeigen die folgenden drei Problemschwerpunkte.

Willensbildung
Wenn in großen Anlagen in üblicherweise einer Eigentümerversammlung pro Jahr weitreichende Entscheidungen über Investitionen, Verwalterwahl oder Kostenverteilung getroffen werden müssen, steht die Willensbildung vor Herausforderungen, die sich mit Regeln zu Abstimmungsmehrheiten nicht in den Griff bekommen lassen. Hier ist der Stimme des einzelnen Eigentümers in vielen Fällen ohne die Stärkung repräsentativer Elemente kaum Geltung zu verschaffen. Dafür würden sich der Verwaltungsbeirat anbieten, doch er blieb eine fakultative Einrichtung mit unveränderten Aufgaben – Unterstützung der Verwaltung und Prüfung der Jahresabrechnung – und praktisch ohne Befugnisse.

Kernproblem Verwalter
Ein zentrales Problem ist – das zeigen Beratungen und Anfragen bei wohnen im eigentum – der Verwalter. Dieser Beruf ist faktsich unreguliert, es gibt weder effektive Kontrollen, noch Vorgaben für die Qualifizierung, obwohl die Tätigkeit sehr anspruchsvoll ist und das Vermögen der Eigentümer von von ihrer Qualität abhängt. Immerhin will die Bundesregierung den Verbraucherschutz bei der Fremdverwaltung von Wohnungseigentum verbessern und deshalb prüfen, ob eine Mindestqualifikation verlangt werden soll. Gabriele Heinrich: „Das ist gut, aber zu wenig. Verbraucherschutz für Wohnungseigentümer verlangt Qualifikation plus Kontrolle.“ Einfach wegen der unterschiedlichen Interessenlage. Ein Beispiel: Die sorgfältige Auswahl von Handwerkern ist für die Eigentümer extrem wichtig, für die Verwaltung ist der Aufwand dafür ein betriebswirtschaftlicher Kostenfaktor. Deswegen braucht eine vernünftige Zusammenarbeit die kontinuierliche Kontrolle durch die Eigentümer. Praktisch ist auch das am ehesten durch den Ausbau der Position der Beiräte zu erreichen.

Majorisierung
Ungelöst ist auch die Frage des Minderheitenschutzes gegen Majorisierung durch die Initiatoren der Anlage, durch Investoren aber auch durch Verwaltungen mit einer großen Zahl von Dauervollmachten externer Eigentümer. Dafür genügt wegen der begrenzten Präsenz in den Eigentümerversammlungen oft schon deutlich weniger als die Hälfte der Stimmen. Das Problem: Die Geschäftspolitik dieser Mehrheiten entscheidet faktisch über das Schicksal der Investition des einzelnen Eigentümers, etwa ob diese wegen Investitionsverweigerung im Interesse kurzfristiger Erträge an Wert verliert oder ob zu einem Zeitpunkt und mit einem Aufwand saniert wird, der die finanziellen Möglichkeiten des Eigentümers übersteigt. Das macht Wohnungseigentum zu Eigentum zweiter Klasse. Die im WEG vorhandenen Schutzmechanismen geben darauf keine ausreichende Antwort.

Es tut sich was - langsam
Immerhin gibt es erste Ansätz für eine Neuorientierung. Nachdem wohnen im eigentum seit über zehn Jahren darauf hinweist, dass Wohnungseigentum ein Thema für Verbraucherschutz ist, steht nunmehr im Koalitionsvertrag: „Den Verbraucherschutz bei Bau- und Dienstleistungen für Bauherren und Immobilieneigentümer wollen wir ausbauen, insbesondere im Bauvertragsrecht und bei der Fremdverwaltung von Wohnungen.“ Gabriele Heinrich: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn effektive Kontrollinstrumente und für den einzelnen Eigentümer ein wirksamer Verbraucherschutz geschaffen werden.“

Die Reform von 2007 – die wichtigsten Änderungen

  • Die Eigentümergemeinschaft wird „Teilrechtsfähig“, ähnlich wie ein Verein. Damit ist etwa klar, dass ein Konto auf ihren Namen eröffnet werden kann und nicht nur auf alle Eigentümer, was eine Umschreibung bei jedem Eigentümerwechsel erfordert. Damit wurde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (V ZB 32/05) Gesetz.
  • Entscheidungen über Fragen der Kostenverteilung und Modernisierung wurden mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit möglich, es ist nicht mehr in allen Fällen Einstimmigkeit erforderlich.
  • Alle Eigentümerbeschlüsse müssen in einer Sammlung zusammengefasst werden, so können alte und neue Eigentümer sich zuverlässig über die Beschlusslage, etwa zu Gartennutzungsrechten informieren.
  • Der erste Verwalter darf höchsten für drei – später für fünf – Jahre bestellt werden: Das beschränkt die Macht von Bauträgern oder anderen Gründern einer Eigentumsanlage.
  • Die Eigentümer können mit einfacher Mehrheit – statt bislang einstimmig – bestimmen, dass der Verwalter für Kontoverfügungen eine Gegenzeichnungf braucht. Das erleichtert die Verwalterkontrolle.
  • Gerichtsverfahren laufen nicht mehr bei der „freiwilligen Gerichtsbarkeit“, sondern im normalen Zivilprozess. Begründet wurde das vor allem mit Rechtssystematik. Dadurch ist die sehr spezielle Materie WEG nicht mehr bei wenigen, entsprechend erfahrenen Richtern konzentriert, außerdem haben die Eigentümer mehr Verantwortung für das Verfahren, Folge: Es geht für sie kaum noch ohne Anwalt.

wohnen im eigentum fordert zur Stärkung der Position des Verwaltungsbeirats

  • Beirat ein „Muss“-Organ ab einer WEG mit 10 Wohnungen, in kleineren WEGs ist ein Rechnungsprüfer zu wählen. Finden sich in den WEGs keine Wohnungseigentümer, die dieses Amt übernehmen wollen, ist ein externer Experte (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater etc.), der mit der Aufgabe der Überprüfung der Jahresabrechnung zu beauftragen ist.
  • Beirat muss alle 2 Jahre gewählt werden. Eine Wiederwahl ist jederzeit möglich.
  • Geheime Wahl (Abstimmung nach dem Kopf-Prinzip, also nach der Zahl der Wohnungseigentümer) (Die Wahl zum Beirat ist eine Vertrauenswahl)
  • Beirat muss mindestens drei Mitglieder haben (jetzt: Beirat hat 3 Mitglieder). Angesichts der sehr großen Unterschiede bei den WEG-Größen muss eine Differenzierung möglich sein.
  • Dem Verwaltungsbeirat steht die Erstattung seiner Auslagen zu. Dazu gehören die Kosten für Fortbildung und Haftpflichtversicherung. Der Beirat gibt über die Verwendung der Mittel Rechenschaft.
  • Dem Verwaltungsbeirat sind in großen WEGs mehr Rechte in Form von Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und/oder Zustimmungsrechte (ähnlich wie Betriebsrat im Arbeitsrecht) zuzusprechen.